Grüner Star (Glaukom):

Scherzhafte Kurzdefinition: "Ist der Druck im Auge zu hoch und der Sehnerv zu schlecht durchblutet => Sehnerv kaputt = Patient blind". Gar nicht scherzhaft ist folgende Tatsache: "Bei allen Vorsorgemöglichkeiten des Grünen Stars ist zu bedenken, daß keine derzeit mögliche Therapie einen einmal eingetretenen Schaden wieder rückgängig machen kann !!" Das A und O liegt also in der Früherkennung.

Was ist der Augeninnendruck ?

So wie ein Ball einen gewissen Druck haben muß um richtig zu funktionieren (ist er zu niedrig rollt er nicht und ist er zu hoch nimmt die Aussenhülle Schaden), muß auch das im Prinzip genauso hohle Organ Auge einen gewissen Innendruck haben, um perfekt zu funktionieren. Im Auge wird daher ständig vom Ziliarepithel (s.Schema unten) im sogenannten Ziliarkörper hinter der Iris neue Augenflüssigkeit gebildet, die durch die Pupille in die Vorderkammer zwischen Iris und Hornhaut fließt (rote Pfeile im Schema unten), diese ausfüllt und später über den Vorderkammerwinkel - und dort durch durchlässige Strukturen wie das Trabekelmaschenwerk und weiter durch den Schlemmschen Kanal wieder abfliesst (die einzelnen Strukturen siehe unten in der Grafik und in weiterer Grafik auf der Seite Aufbau des Auges). Der dabei im Auge verbleibende Innendruck wird vom Körper automatisch in einem gewissen Bereich geregelt. Dies ist ungefähr vergleichbar dem Blutdruck. Ein Zusammenhang in der Druckhöhe zwischen Auge und Blutdruck besteht aber nicht, d.h. wer hohen Blutdruck hat, muß nicht hohen Augeninnendruck haben und umgekehrt.

Schema Grüner Star (Weitwinkelglaukom)

Auf der Grafik oben sieht man den vorderen Teil des Auges im Querschnitt von der Seite und mit den roten Pfeilen ist der Flüssigkeitsverlauf dargestellt.

Was ist der Grüne Star ?

Beim Grünen Star, handelt es sich um einen Sammelbegriff für eine Vielzahl von Augenerkrankungen mit einem typischen zunehmendem Sehnervenschaden, bei welcher unter anderem der Druck im Auge zu stark für die Belastungsfähigkeit bzw. Durchblutung (Perfusion) des Sehnervenkopfes (Papille) ist.

Glaukompapille

Photo von "ausgebeultem" Sehnervenkopf bei einem fortgeschrittenen Grünen Star

Der Sehnervenkopf (s. Photo oben) ist die Mündung des Sehnerven aus dem Gehirn in die Augenrückseite. Von hier aus verteilen sich die einzelnen Nervenfasern auf die ganze Netzhaut. Der Sehnerv ist also die Bündelung der einzelnen Nervenfasern aus dem Auge. Beim Grünen Star sterben diese Fasern (retinale Ganglienzellen und Axone), im Mündungsbereich des Sehnerven in das Auge und dann im ganzen Auge - aber auch im Verlauf zum Gehirn - unter anderem durch einen zu hohen Augeninnendruck, langsam nacheinander ab. Neben den Druckschäden kommt es zu sogenanntem "oxidativem Stress", d.h. eine Ansammlung aggressiver und schädlicher Sauerstoffmoleküle, “freier Radikale”, die die Sehnervenfasern zusätzlich zerstören. Bei der Netzhautspiegelung zeigen sich die typischen, gut zu erkennenden Veränderungen des Sehnervenkopfes. Simpel gesagt, “beult” er langsam aus (s. zentrale kreisrunde Vertiefung auf dem Bild oben) und wird durch das Absterben der Nervenfasern immer blasser. Dies und der hohe Augeninnendruck tut in der Regel nicht weh. Der Patient merkt deswegen den Schaden meist erst, wenn das zentrale Sehvermögen abfällt. In diesem fortgeschrittenen Stadium sind bereits bis zu 90% der Sehnervenfasern irreparabel zerstört. Das Ergebnis sind große Gesichtsfeldausfälle (in bestimmte Richtungen erkennt man nichts mehr) oder sogar völlige Erblindung.

Kommt das häufig vor ?

10-25% aller Erblindungen werden durch den Grünen Star (der Fachausdruck lautet: Glaukom) hervorgerufen. Nach Hochrechnungen leben in Deutschland 5 Millionen Menschen mit einem erhöhten Augeninnendruck und damit dem Risiko, ein Glaukom (hiervon spricht man erst wenn ein Schaden vorliegt) zu bekommen. 670.000 (Stand 2012) sind bereits erkrankt und 50.000 müssen mit Erblindung rechnen, wenn das Glaukom nicht bald erkannt und behandelt wird. Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen liegt derzeit bei 44.600, die Anzahl der Glaukomoperationen bei 33.000 und die Anzahl der Erblindungen bei über 1000 (Stand 2012). Nach der Makulopathie ist der grüne Star die zweithäufigste Erblindungsursache in Deutschland.

Weltweit geht man derzeit (2023) von 146 Millionen Erkrankungen am GrünenStar aus und schätzt für 2026 166 Millionen Erkrankungen. 8,4 Millionen der Betroffenen sind erblindet. Im Jahr 2010 waren es noch circa 68 Millionen Patienten, davon erblindeten 6,7 Millionen. Für 2040 wird für mehr als 3% aller 40- bis 80-jährigen ein Glaukom vorausgesagt, das wären 112 Millionen Menschen (Schätzung aus 2018). Damit ist der Grüne Star auch weltweit die zweithäufigste Erblindungsursache. Als weitere mögliche Folge besteht auch ein siebenfach erhöhtes Risiko für einen Venenverschluß im Auge.

Welche Risikofaktoren für ein Glaukom gibt es ?

Vor allem höheres Alter. Während mit 40 bis 44 das Risiko bei 0,4% liegt, steigt es im Alter von 70 bis 74 auf 2,7% und zeigt eine weitere Zunahme auf 10% !! im Alter von über 90. Diese Zahlen gelten übrigens nur für Westeuropäer. Patienten afrikanischer Abstammung haben ein 2,8-fach höheres Risiko für ein Glaukom und auch bei Asiaten kommt häufiger ein Normaldruckglaukom (s.u.) und ein Winkelblock (s.u.) vor. Auch mit zunehmender Kurzsichtigkeit steigt das Risiko, vor allem bei einer Kurzsichtigkeit über 6 Dioptrien, deutlich an. Weitere Risikofaktoren sind natürlich ein erhöhter Augeninnendruck, der ja die Glaukomschäden nach sich zieht, sowie ein Glaukom in der Familie. Sogar Rauchen erhöht die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Glaukoms, denn da es die Innenschicht (Endothel) der Blutgefäße schädigt, beeinflusst es die Durchblutung des Sehnerven zusätzlich negativ.

Welche Formen gibt es ?

Beim sogenannten Weitwinkelglaukom (auch “Primäres Offenwinkelglaukom” = POWG) findet sich ein weit offener Kammerwinkel (daher der Name) und trotzdem gelingt der Abfluß der Augenflüssigkeit nicht gut. Das sogenannte Trabekelmaschenwerk, quasi der “Abflußfilter” im Kammerwinkel, ist schlechter durchlässig. Es handelt sich um die bei weitem häufigste Form des grünen Stars. Typisch ist der schmerzlose und äußerlich unauffällige Verlauf über viele Jahre. Fällt der erhöhte Druck oder der Gesichtsfeldausfall nicht bei einer Routinekontrolle auf, können schon schwere Schäden aufgetreten sein, bevor der Patient etwas merkt.

Beim seltenen Engwinkelglaukom entsteht eine Drucksteigerung durch einen engen Kammerwinkel, in der Regel aufgrund eines “Konstruktionsfehler” des Auges - d.h. bei diesen Patienten ist der Kammerwinkel (s.Aufbau des Auges) schmaler als normal - und kann ggf. zusätzlich durch bestimmte mechanische Belastungssituationen weiter verengt werden. Kommt es plötzlich zu einem kompletten Verschluß des sowieso schon engen Kammerwinkels und kann dann die ständig neu gebildete Flüssigkeit im Auge nicht mehr abfliessen, steigt der Druck plötzlich stark an und es kommt zum schmerzhaften Glaukomanfall (Akutes Winkelblockglaukom), der den Patienten schnell zum Arzt treibt. Eine Behandlung am gleichen Tag ist auch notwendig, da es innerhalb weniger Tage zur völligen Erblindung kommen kann. Die Bezeichnung Glaukomanfall ist eigentlich missverständlich und falsch, hat sich aber eingebürgert. Denn zunächst ist ja nur der Kammerwinkel verlegt und der Druck steigt massiv an, der sogenannte akute Winkelblock. Erst wenn der Sehnerv auf typische Weise geschädigt ist, liegt ja von der Definition her ein Glaukom vor, dies kann aber erst im weiteren Verlauf, bei erfolgloser Therapie, auftreten (chronisches Winkelblockglaukom).

Weiterhin gibt es seltenere Formen, bei denen die Ursache eine andere ist. Zu nennen wäre z.B. der durch einen extrem fortgeschrittenen Grauen Star hervorgerufene Grüne Star, den durch chronische Cortisongabe, durch Entzündungen im Auge z.B. durch Allgemeinerkrankungen wie Rheuma oder Sarkoidose, als Folge von Gefäßverschlüssen im Auge oder den durch eine Augenverletzung hervorgerufenen Grünen Star. Dies sind die sogenannten Sekundärglaukome, bei denen andere Erkrankungen zum Grünen Star führen. Hier treten teilweise andere Anzeichen als beim Primären Offenwinkelglaukom auf. Der Unterschied Primär und Sekundär bezieht sich dabei auf die Ursache. Primär, bedeutet, dass hier die Krankheit Glaukom alleine vorliegt und nicht wie beim Sekundärglaukom eine Folge einer anderen Veränderung ist.

Eine weitere, zwar seltene (1 von 20.000 Kindern) aber doch sehr bedeutsame Form, ist der angeborene Grüne Star. Hier können sich “wunderschöne große Augen” bei den Kindern finden, welche durch den zu hohen Druck hervorgerufen werden (siehe auch www.glaukom-kinder.de). Leider zeigt dies schon einen schweren Schaden des Auges an. Wichtig ist das frühe Erkennen und die frühe operative Behandlung, denn dadurch kann er oftmals geheilt, bzw. weitere Schäden verhindert werden.

Zunehmend wird auch die Bedeutung der Durchblutung des Sehnerven bzw. abbaubedingte (degenerative) Schäden am gesamten Nervenfaserverlauf des Sehsystems (Sehbahn) erkannt. Es gibt nämlich Grüner-Star-Patienten, die einen normalen Augeninnendruck haben (bis zu 30% !) und trotzdem zunehmend die typischen Schäden des Sehnerven wie bei einem Glaukom zeigen. Man spricht dann von einer Sonderform des Weitwinkelglaukoms, dem Normaldruckglaukom oder Low-Tension-Glaukom. Dies zeigt auch, daß die alleinige Augendruckmessung noch keine ausreichende Aussage über das Vorliegen eines Grünen Stars macht. Es gehört im Rahmen der Glaukomvorsorgeuntersuchung immer eine Netzhautspiegelung zur Beurteilung der Papille dazu. Ursache im Fall eines Normaldruckglaukoms ist nicht der übernormal hohe Augeninnendruck, sondern meist altersbedingte Blutgefäßveränderungen, die zu einer schlechteren Durchblutung des Sehnerven führen. Seltener sind es jüngere Patienten mit Neigung zu Blutgefäßkrämpfen, die auch die Durchblutung beeinträchtigen. Typisch Begleitsymptome sind hier häufige Migräne, viel kalte Hände und Füße (dieses sogenannte "Raynaud-Syndrom" haben bis zu 65%) und Tinnitus. Mitursächlich sind auch nächtliche Blutdruckabfälle oder ein generell zu niedrig eingestellter Blutdruck. Bei älteren Patienten sollte der Hausarzt daher nicht zu aggressiv in der Blutdrucksenkung vorgehen. Neuere Forschungen lassen auch eine Autoimmunkrankheit als Ursache möglich erscheinen. Dabei bildet der Körper Antikörper gegen seine eigenen Zellen und dies führt zu einem Gewebsuntergang. Interessant ist auch, dass beim Low-Tension-Glaukom eher Gesichtsfeldausfälle in der Nähe des Zentrums auftreten, was an sich nicht typisch für den Grünen Star ist. Typisch ist auch eine ausgeprägte genetische Komponente, d.h. es wird häufig vererbt.

Einen Überblick über das Glaukom finden Sie auch unter den Seiten des Initiativkreises zur Glaukomfrüherkennung. Vergleichbare Folgen wie beim Niedrigdruckglaukom kann übrigens, laut einer Studie aus 2010, starkes Schnarchen in Form der mittel- bis hochgradigen Schlafapnoe (Atemaussetzer in der Nacht) haben. Dadurch wird der Sehnerv vermindert versorgt und genauso geschädigt.

Inzwischen (seit 2003) hat man deswegen auch die Definition des Grünen Stars etwas geändert und spricht von einer Krankheit mit einer bestimmten Form des fortschreitenden Sehnervenschadens. Der Augendruck ist zwar die wichtigste aber nicht alleinige oder gar notwendige Komponente für diese teilweise sehr unterschiedlich hervorgerufenen Erkrankungen und deswegen ist die alte Gleichsetzung im Volksmund: “Grüner Star = Hoher Augeninnendruck” nicht mehr zutreffend.

Warum heißt er so ?

Genauso wie der Graue Star, hat diese Erkrankung nichts mit dem Vogel, sondern nur mit dem “starren” Blick des letztendlich Erblindeten zu tun. Die Bezeichnung “grün” bezieht sich auf ein grünliches Schimmern der Pupille bei bestimmten fortgeschrittenen Formen. Der Fachausdruck für den Grünen Star ist: “Das Glaukom”. Wobei auch dieser Name eher ein Versehen ist. Der Begriff Glaukom wurde bereits von Aristoteles geprägt und kommt vom griechischen “glaucos” für “hell, leuchtend, graubläulich wie das Meer”. Er meinte damit aber ein Schimmern der Augen, wie es nach bestimmten entzündlichen Augenerkrankungen auftrat. Aufgrund einer irrtümlichen Übersetzung eines Lehrbuchs der Augenheilkunde bürgerte sich bei uns dann der Begriff “Grüner Star” ein, der letztendlich für die oben beschriebene Krankheit reserviert wurde.

Wie kann man ihn rechtzeitig erkennen ?

Bei der häufigen chronischen Form des Grünen Stars finden sich lange keine Beschwerden. Die schleichenden Veränderungen werden vom Betroffenen meist übersehen. Das Kontrastsehen lässt nach, d.h. bestimmte Dinge heben sich nicht mehr so vom Hintergrund ab. Dies fällt vor allem in der Abenddämmerung - in der die Kontraste sowieso schlechter werden - auf. Die Blendungsempfindlichkeit, vor allem beim Autofahren, nimmt zu und das Farbensehen ist verändert: Blau- und Gelbtöne werden schlechter wahr genommen. Neben diesen eher dezenten unspezifischen Veränderungen, die auch durch zahlreiche andere Einflüsse entstehen können, kommt es als klassisches und schwerwiegendstes Symptom aufgrund des Absterbens der Nervenfasern zu zunehmenden Gesichtsfeldeinschränkungen (siehe Photos unten), d.h. man sieht immer weniger was von der Seite kommt (vergleiche auch das Video auf youtube).

Normales Gesichtsfeld

Gesichtsfeld mit glaukomatösem Gesichtsfeldausfall

Oben normales Gesichtsfeld und darunter stark eingeschränktes Gesichtsfeld durch ein Glaukom

Die Sehschärfe beim Geradeausblick nimmt erst im fortgeschrittenen Stadium ab. Erst dann ist es für den Betroffenen selbst wirklich auffällig. Vorher werden die Ausfälle durch die "Bildverarbeitung" im Gehirn kompensiert, d.h. man meint, man hätte ein komplettes Gesichtsfeld weil das Sehzentrum die Defekte auffüllt. So kann man bestimmte Dinge im Strassenverkehr übersehen, "weil da (scheinbar) gar kein Fahrradfahrer (z.B.) war" und verunfallen. Kommt der Patient erst jetzt - d.h. nach Jahren des Bestehens des Glaukoms - zum Augenarzt, sind bereits mehr als 90% der Sehnervenfasern unwiederbringlich zerstört. Um dies zu vermeiden hilft nur eine regelmäßige Augendruckkontrolle in Verbindung mit weiteren Untersuchungen (s. Netzhautuntersuchung, Gesichtsfeld, Spezialdiagnostik) in Abhängigkeit vom Befund beim Augenarzt. Siehe auch Glaukomvorsorge unten auf der Seite.

Beim Glaukomanfall (akuter Winkelblock) ist - im Gegensatz zum äußerlich unauffälligen Weitwinkelglaukom - das Auge gerötet, die Hornhaut wirkt matt, die Pupille ist lichtreaktionslos mittelweit (alles auf dem Bild unten auf der rechten Seite zu sehen), das Sehen herabgesetzt, es können farbige Lichtringe (Halos) um Lichtquellen herum gesehen werden und das Auge, bzw. der ganze Bereich um das Auge herum, ist stark schmerzhaft. Die Schmerzen können in den Kopf und die Zähne ausstrahlen und über Reflexe (Nervus Vagus) sogar zu Bauchschmerzen, Herzrhythmusstörungen und Übelkeit führen. Bei Patienten mit bereits bestehender Herzkranzgefäßverengung kann der Schmerz sogar einen Angina-pectoris-Anfall (schmerzhafter Herzanfall) auslösen. Deswegen landet auch ein Drittel dieser Patienten bei einem Internisten oder in der Notfallambulanz mit Verdacht auf ganz andere Krankheiten (Herzattacke, Schlaganfall etc.). Ein Drittel bekommt auch vorher eine radiologische Schädeluntersuchung, bevor man an das Auge denkt. Die Schäden durch diese Verzögerung können dann evt. irreparabel sein.

Glaukomanfall

Ausgelöst werden kann er bei einer gewissen Veranlagung ("Augenkonstruktion") durch bestimmte Medikamente (Antidepressiva, MIgränemedikamente, Antiallergika etc.) oder durch angestrengtes Sehen bei schlechter Beleuchtung in gebückter Haltung (“die Suche nach der besonders guten Weinflasche im Keller”). Grund ist hier die weite Pupille und das Bücken. Beides macht den bei diesen Patienten anlagebedingt sowieso schon zu engen “Kammerwinkel” noch enger (heißt ja auch Engwinkelglaukom) und blockiert ihn schließlich, mit der Folge eines plötzlichen Druckanstiegs, des Glaukomanfalls. Wird dieser extrem hohe Druck nicht schnell eingestellt, kann es innerhalb von Tagen zur Erblindung kommen.

Eine Sonderform des Engwinkelglaukoms ist das Neovaskularistionsglaukom. Hier wird der Kammerwinkel durch Gefäßwucherungen verschlossen und der Flüssigkeitsabfluß behindert, was zu zunehmenden Druckanstiegen bis zum Glaukomanfall führen kann. Diese Gefäßwucherungen können bei fortgeschrittener Zuckererkrankung des Auges und in der Folge von Gefäßverschlüssen im Auge auftreten.

Welche Untersuchungen führt der Augenarzt durch ?

Beim normalen Patienten ohne besondere Vorerkrankungen, mit gesunder Familie (Ist die Großmutter womöglich auch schon am grünen Star erblindet ?) und ohne andere verdächtige Zeichen, sollte ab dem 40-sten Lebensjahr alle 2 Jahre der Augendruck kontrolliert und der Sehnervenkopf mit der Lupe beurteilt werden. Gegebenenfalls wird eine Gesichtsfelduntersuchung oder eine Untersuchung des Kammerwinkels (die Stelle an der die Augenflüssigkeit wieder herausläuft) mit dem Kontaktglas (Gonioskopie) durchgeführt. Sind in der Familie Fälle von Grünem Star bekannt, sollte früher eine Überprüfung stattfinden. Ist einmal ein Grüner Star diagnostiziert, sind häufige Kontrollen notwendig, um den Erfolg der Therapie zu beurteilen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu veranlassen.

Bei dringendem Verdacht oder bereits bestehendem Grünen Star werden all diese Maßnahmen von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt. Handelt es sich um eine reine Vorsorgeuntersuchung (Glaukomvorsorge bzw. Grüner-Star-Vorsorge) - z.B. ab dem 40. Lebensjahr ohne große Verdachtsmomente (die von den Augenärzten dringend empfohlen wird) - muß derzeit der Patient selber die Kosten übernehmen. Sie liegen bei ca. 20 Euro. Das fällt dann unter die sogenannten IGeL-Leistungen. Zur Verdeutlichung - angesichts immer wieder in den Medien auftretenden Mißverständnissen - zur Glaukomvorsorge gehört minimal immer die Druckmessung und die Beurteilung des Sehnervenkopfes, da der normale Druck allein nie einen Grünen Star ausschließt (s. oben unter Niedrigdruckglaukom). Gegebenenfalls wird auch eine - leider ebenfalls kostenpflichtige - Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie) durchgeführt, da bei ungewöhnlich dünner (ergibt falsch niedrige Werte) oder dicker Hornhaut (falsch zu hohe Werte) die Grenzwerte des Augeninnndrucks anders zu bewerten sind.

Seit kurzem gibt es aufwendigere Untersuchungsverfahren um den grünen Star noch früher zu erkennen, eher zu behandeln und im Verlauf besser beurteilen zu können (GDx, HRT, OCT etc.). Diese sind jedoch noch teurer und müssen ebenfalls selbst bezahlt werden. Die Geräte dafür finden sich meist in Kliniken und großen Augenarztpraxen. Sie sind jedoch der “normalen” Untersuchung insofern überlegen, als z.B. die Gesichtsfelduntersuchung erst Auffälligkeiten zeigt, wenn schon 30% der Nervenfasern abgestorben sind. Diese ist deswegen zur Frühdiagnostik ungeeignet und spielt ihre Vorteile mehr in der Verlaufskontrolle der bestehenden Erkrankung aus.

Kann ich meinen Augeninnendruck selbst kontrollieren ?

Die Selbstkontrolle des Augeninnendrucks ist inzwischen von der Bedienung her einfach möglich. Es befinden sich zwei Geräte dafür auf dem Markt, das ic100 für die Arztpraxis (Bild s.unten), bei dem man von jemandem gemessen wird und das iCare HOME II für die Selbstmessung (s. ICare-Home). Man braucht hier keine brennenden Augentropfen wie bei der Applanationstonometrie und spürt nur einen kleinen kurzen Druck, manchmal sogar gar nichts.

icare%20ic100

Näheres siehe auch unter Augeninnendruckmessung. Auf Antrag kann die Anschaffung des Gerätes (ca. 3000 Euro) in Einzelfällen von der Kasse übernommen werden und man muss nur die laufenden Kosten tragen (ca. 1 Euro pro Einmalsonde). Es bietet auf jeden Fall die ideale Möglichkeit Augeninnendruckschwankungen auch im Tagesverlauf zu erfassen und sich so eine stationäre 24-Stundenkontrolle zu ersparen. Zur generellen Verlaufskontrolle des Grünen Stars reicht es aber nicht aus, da der Augendruck nur ein kleiner Teil des Problems ist und das Fortschreiten der Erkrankung nur durch Gesichtsfelduntersuchungen, Beurteilungen des Sehnervenkopfes (Papille) oder Nervenfasermessungen (GDx/HRT/OCT etc) beurteilbar ist.

In Japan gibt es seit 2022 ein Videospiel, mit dem der Grüne Star am Smartphone spielerisch im Frühstadium selbst erkannt werden kann. "Meteor Blaster" heißt das patentierte Smartphone-Game. In der ersten rund fünfminütigen Selbstdiagnose, muss man mit Smartphone in 30 Zentimeter Entfernung vier Spielstufen abwechselnd mit dem linken und dann mit dem rechten Auge durchlaufen. Mit einem Druck auf einen Knopf in der unteren rechten Displayecke löst man dabei Schüsse einer "Strahlenkanone" aus, sobald ein Meteor im Zentrum des Spielfelds erscheint. Taucht ein weißer Punkt auf, muss man ihn mit einem Klick auf ein zweites "Capture"-Feld links unten fangen. Das Spielfeld ist dabei neben dem Zentrum in 16 Felder eingeteilt, in denen bewertet wird, wie viele der aufgeleuchteten Weltraumobjekte man erwischt hat. Danach wird ein gesamter Punktestand angezeigt. Wichtiger ist jedoch das nach Augen aufgeschlüsselte Ergebnis für die 16-Feldermatrix, die von 1 für sehr gut bis 5 für schlecht reicht. Eine miserable Note könnte ein Zeichen für grünen Star im Frühstadium sein. Sozusagen eine Früherkennung für die Videospiel-Generation. Unter Japanern ist Grüner Star der Grund Nummer 1 für eine Erblindung im Laufe des Lebens. Einer von 20 über 40-jährigen Japanern würde an dem schleichenden Leiden erkranken. Soweit zur Theorie. Es ist jedoch davon auszugehen, daß erst bei fortgeschrittenen Gesichtsfeldausfällen und daher auch fortgeschrittenen Sehnervenschäden ein auffälliges Resultat herauskommt. Trotzdem ist so etwas besser als keine Diagnostik, denn wenn man im Alltag schon Probleme bemerkt, ist in der Regel nicht mehr viel zu retten.

Gibt es noch weitere technische Lösungen den Augeninnendruck im Verlauf zu überwachen ?

Es gibt eine drahtlose Sensorkontaktlinse. Sie misst im 5-Minuten-Intervall 30 Sekunden lang über 24 Stunden. Schwankungen werden so gut angezeigt aber die Umrechnung in exakte Druckwerte ist noch nicht gelungen.

Einpflanzbare Druckmessysteme in das Auge im Rahmen einer Grauer Star Operation gehen jetzt in die Serienproduktion. Ein System names “Eyemate” hat jetzt die CE-Zulassung (Bestätigung der normgerechten technischen Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit) erhalten. Der Patient bekommt zusätzlich zu seiner künstlichen Linse ein kleines Messgerät in das Auge gepflanzt und kann dann ein kleines Gerät, wie eine TV-Fernbedienung, vor das Auge halten. Die Daten werden über Internet in eine Datenbank übertragen, auf die der Arzt zugreifen kann. Bei Druckspitzen erhält der Patient eine automatische Warnmeldung. Die bisherige (12/2017) Nachbeobachtungszeit der Studie beträgt 37 Monate. Ein Erklärvideo findet sich HIER.

Wie hoch ist denn ein normaler Augeninnendruck ?

Der Augendruck wird - wie der Blutdruck - in “Millimeter Quecksilbersäule” (mmHg) gemessen. Einer ansonsten heute kaum mehr gebräuchlichen Maßeinheit. “Normal” ist er zwischen 10 und 22 mmHg. Wobei “normal” relativ ist, denn es gibt auch Patienten die liegen darüber und haben keine Schäden (okuläre Hypertension, s.u.) und andere liegen im Normbereich und haben Schäden (Low-tension-Glaukom, s.o.). Insofern ist immer die Gesamtzahl der Befunde entscheidend für die Diagnose Glaukom und nicht nur der Augendruck. Der Augeninnendruck ist auch nicht den ganzen Tag gleich hoch. Es gibt da normale und unproblematische Schwankungen. Im Liegen ist der Druck z.B. immer 2-4 mmHg höher, da es hier zu einer Flüssigkeitsumverteilung im Körper kommt (Deswegen hat man ja morgens auch häufig dickere Tränensäcke als abends, ansonsten hat das aber mit dem Augeninnendruck nichts zu tun). In Zweifelsfällen muß man ein Tagesdruckprofil (d.h. mehrfache Messung über 24 Stunden) anfertigen.

Muß ich immer behandelt werden, wenn mein Druck “über Normal” ist ?

Nein, bei der sogenannten okulären Hypertension ist der Druck über 21mm Hg, der statistisch gesehen oberen Grenze des normalen Drucks. Finden sich jedoch bei genauen Untersuchungen keine Schäden, hat man auch keinen Grünen Star. Hier muß jedoch regelmäßig kontrolliert werden, da ein je nach Auge unterschiedlich hohes Risiko besteht, daß später doch Schäden auftreten. Bei Hochrisikoaugen sollte man therapieren und bei Niedrigrisikoaugen nur beobachten.

Wie wird das Glaukom behandelt ?

Die Therapie beim Grünen Star zielt als erstes auf eine Drucksenkung im Auge, als einzig wirklich gut beeinflussbarer Faktor. Dies erfolgt entweder durch Verminderung der Flüssigkeitsbildung im Auge oder durch eine Verbesserung des Abflusses. Eine Senkung des Augeninnendrucks um 25% senkt das Risiko des Fortschreitens der Schäden um 50%.

Die erste Therapiestufe sind in der Regel Augentropfen, mit verschiedenen Wirkungsprinzipien und -stärken, entweder einzeln oder in Kombination, d.h. mehrere (bis zu 3) Präparate. Sie sind heute so wirksam, dass die Notwendigkeit von ergänzenden Operationen stark abgenommen hat. Die Tropfen müssen aber auch regelmäßig genommen werden, was bei 53% der Patienten leider nicht der Fall ist. Die Gründe sind Unzuverlässigkeit, Lästigkeit des ständigen Tropfens, Unvermögen die Tropfen ins Auge zu bekommen oder vor allem die örtlichen Nebenwirkungen am Auge. Der Grüne Star macht halt in seinen Anfängen keine Symptome oder Beschwerden, die zusätzlich motivieren würden. Eine APP (s.u.) kann hier zumindest als Erinnerungsstütze für Vergessliche helfen. Gewisse Nebenwirkungen, wie vor allem Rötung, Brennen und sonstige örtliche Reizerscheinungen muß man aber vor allem bei den stärkeren Präparaten mit dem Ziel der Erhaltung der Sehkraft akzeptieren. Die Prostaglandine z.B. haben zwar - vor allem für Frauen - einen interessanten Nebeneffekt der Wimpernverlängerung (Trichomegalie) und -vermehrung (Hypertrichiose) aber können auch Verfärbungen der Haut, sichtbarere Blutgefäße auf den Lidern (Teleangiektasien) sowie Fettgewebsschwund im Augenbereich und dadurch veränderte Lidfalten bewirken. Dieser kosmetische Effekt sollte beachtet werden. Was der Arzt bei der Verordnung beachten muß sind allgemeine (systemische) Nebenwirkungen auf den Körper. Die tropfen werden nämlich nicht nur vom Auge, sondern auch von der Schleimhaut aufgenommen und verteilen sich im ganzen Körper. Daher können bestimmte Augentropfen gegen den Grünen Star u.a. bei Herz- und Nierenerkrankungen oder Asthma nicht gegeben werden.

Falls diese nicht ausreichend wirken, das regelmäßige Tropfen organisatorisch oder von der Handhabung nicht klappt oder es Unverträglichkeiten der Augentropfen gibt, kommt es zur zusätzlichen Laserbehandlung. Hier gibt es 2 Formen, seit 1979 die Argon-Laserbehandlung (ALT) und seit 1995 die selektive Trabekuloplastik (SLT). Beide bewirken eine Auflockerung oder Aufdehnung des verengten Trabekelmaschenwerks (s.o. unter Weitwinkelglaukom), daher auch Trabekuloplastik. Dadurch soll der Abfluß der Augenflüssigkeit verbessert werden und so der Druck im Auge gesenkt werden. Dieser Effekt ist allerdings nur mässig (nur kurz nach der Therapie 20-25%), lässt schrittweise nach und ist nach spätestens 10 Jahren komplett verschwunden, d.h. langsam steigt der Druck wieder. Heutzutage verwendet man fast ausschließlich die SLT, weil sie schonender ist und die Behandlung 1-2x wiederholt werden kann. Trotz der begrenzten Wirkung kann die Lasertherapie, als relativ harmlose und risikoarme Methode, gut als Ergänzung einer nicht ausreichenden Tropftherapie eingesetzt werden.

Nur in seltenen Fällen ist die dritte Stufe - eine Operation - erforderlich. Bei letzterer werden meist künstliche Abflusswege des Augenwassers (aus dem Auge heraus unter die Bindehaut) geschaffen. Klassisch geschieht dies mit Schnitten wie bei der klassischen Sickerkissen-Operation (Trabekulektomie), wie sie auch in diesem Video erklärt wird. Neuerdings besteht auch eine Alternative mit der Einpflanzung von “Ventilen” (Drainageimplantate bzw. Stents). Gerade bei letzterem hat es in den letzten Jahren viele Entwicklungen gegeben, um möglichst wenig eingreifend und schädigend (mikroinvasiv) vorzugehen. Auch eine Erweiterung des "Abflussfilters" aus dem Auge, dem Trabekelmaschenwerk im Kammerwinkel, bei dem dieses teilweise entfernt wird, der sogenannten Trabekulotomie ab interno wird inzwischen durchgeführt. Man spricht von mikroinvasiver Glaukomchirurgie, kurz MIGS). Der technische Aufwand wird immer größer. Teilweise wird sogar ein Intraoperatives OCT zum Einsatz gebracht. Inzwischen gibt es insgesamt mehr als 30 unterschiedliche operative Verfahren zur Behandlung des Glaukoms mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen. Die ideale, komplikationslose und langfristig wirkende Lösung ist aber bisher nicht dabei. Auch wird meist immer noch zusätzliche medikamentöse Therapie nach diesen Operationen benötigt.

Die Operation des Grauen Stars hat übrigens in vielen Fällen als "Nebenwirkung" eine Senkung des Augeninnendrucks zur Folge: Bei Gesunden im Mittel 2,5mmHg, bei Vorliegen eines Weitwinkelglaukoms bis zu 5mmHg, bei Engwinkelglaukom bis zu 12mmHg und bei einem akuten Winkelblock 20-40mmHg. Dies ist aber nicht genau voraussagbar und insofern ein erfreulicher Effekt aber meist keine allein gangbare Therapieform. Gerade wenn schon ein Grauer Star vorliegt, sollte dies aber ergänzend in Erwägung gezogen werden.

Beim seltenen akuten Engwinkelglaukom muß man aufgrund der gebotenen Eile, gleich mit den eingreifenderen Verfahren (Kombination aus Augentropfen, Infusionen und Operation unter stationärer Kontrolle) beginnen. Hier ist die Operation des Grauen Stars inzwischen ein fester Bestandteil der Therapie, da hierdurch eine extreme Drucksenkung und eine Erweiterung des Kammerwinkels bewirkt wird.

Eine gewisse Senkung des Augeninnendrucks (2-3mmHg) ist übrigens mit Autogenem Training oder vergleichbaren Entspannungsübungen (s.u.) möglich. Dies allein reicht bei deutlich erhöhtem Druck bloß leider nicht aus, da hier die Druckabsenkung deutlich stärker sein muß aber ist eine erwägenswerte Ergänzung.

Liegt ein Neovaskularisationsglaukom vor, wie es bei der Zuckererkrankung und Gefäßverschlüssen vorkommt, ist eine Laserbehandlung der Netzhaut notwendig.

Hilft alles nichts, erfolgt mittels Kälte eine Zerstörung des flüssigkeitsproduzierenden Gewebes (Ziliarkörper) im Auge, der sogenannten Kryotherapie (auch Zyklokryokoagulation genannt). Hierbei wird eine kleine Sonde von aussen auf das Auge gesetzt und durch Abkühlung der Sondenspitze auf -80° der Ziliarkörper teilweise “erfroren” und damit in diesen Bereichen auf Dauer funktionsunfähig. Da dies sehr schmerzhaft ist, wird das Auge vorher mit einer Spritze betäubt. In der Heilungsphase treten jedoch häufig noch stärkere Beschwerden auf, so daß heute auch gerne die weniger schmerzhafte und mit weniger Reizerscheinungen danach verbundene Zyklophotokoagulation durchgeführt wird. Hier übernimmt ein spezieller Laser die Aufgabe der örtlichen Ziliarkörperzerstörung.

Ist das Auge schwerst geschädigt, blind und konstant unerträglich schmerzhaft, ohne dass man dies noch ändern kann, bleibt als letzte Möglichkeit zur Wiedererlangung einer gewissen Lebensqualität die Entfernung des Auges, die sogenannte Enukleation.

Bei den seltenen Formen, die durch Entzündungen, Tumore oder ähnliches hervorgerufen wurden, wird wenn möglich die Ursache behandelt, also z.B. die Entzündung gedämpft oder der Tumor entfernt.

Wichtig zum Verständnis der Therapie ist ein entscheidender Unterschied zum Grauen Star. Beim Grauen Star kann ich bei sonst intaktem Auge durch eine Operation wieder das ursprüngliche Sehen herstellen. Das geht beim Grünen Star nicht !!! Immer wieder kommen Fragen von durch den Grünen Star stark sehbehinderten Patienten, ob man das nicht operieren könnte, damit man wieder sehen kann. Die Operation kann nur - wie jede andere Therapie beim Grünen Star auch - eine weitere Verschlechterung verhindern und das auch nicht immer !! Es gibt auch Sehverschlechterungen trotz Therapie. Der Grund ist unter anderem, daß die Operation nur den Druck besser einstellt und dieser ist ja leider nicht die einzige Ursache für die Verschlechterung. Eine Reparatur der einmal zerstörten Sehnervenfasern ist nicht möglich.

Was gibt es über Augentropfen und Operationen hinaus ?

Ergänzend zur Drucksenkung im Auge sollten bei den “Weitwinkelglaukomen” Herz- /Kreislauferkrankungen behandelt werden, um eine gute Durchblutung sicherzustellen. Hier gibt es bestimmte Medikamente, die besonders empfehlenswert sind. Insbesondere die gestörte Regulation der Durchblutung im Auge mit starken Schwankungen ist ein Risikofaktor. Problematisch ist hier nämlich nicht nur das Schwanken des Augendrucks auf einem hohen Niveau, sondern auch ein Schwanken des Blutdrucks auf einem zu niedrigen Niveau aufgrund einer allgemein schlechten automatischen Druckregulation der Blutgefäße (systemische vaskuläre Dysregulation). Es gibt zahlreiche Patienten, die zwar tags einen guten Blutdruck haben aber nachts so weit abfallen, daß die Versorgung des Auges leidet. Negativ wirken sich hier vor allem bestimmte Schlaf- und Beruhigungsmittel aus. Wird so ein nächtlicher Abfall nachgewiesen, sollte man diese absetzen und nachts Stützstrümpfe tragen. Bei generell zu niedrigem Blutdruck sollte man mehr Salz und Flüssigkeit zu sich nehmen (vor allem abends) und leichten Sport treiben. Die Regulation der Durchblutung allgemein wird durch Magnesium verbessert. Die Schäden der Nervenfasern durch die mangelnde Sauerstoffversorgung bei der verschlechterten Durchblutung können durch Schutzstoffe vermindert werden. Hierzu zählen vor allem die Pflanzenfarbstoffe aus der Gruppe der Flavonoide. Ideal sind hier, Gingko biloba, Grüner Tee, Rotwein, dunkle Schokolade oder die Anthocyane in Blaubeeren. Weiterhin hilfreich sind Nahrungsergänzungsmitteln (Vitamin C,E und Lutein) und interessanterweise bestimmte Alzheimermedikamenten. Den bisher besten Effekt zur Verlangsamung des fortschreitenden Nervenuntergangs (Neuroprotektion) hat man durch rezeptfreies Citicolin (500mg pro Tag) erreicht. Nebenbei wirkt es auch noch unterstützend bei leichten Gedächnis- und Konzentrationsstörungen. Nächtliche Atemaussetzer (Schlaf-Apnoe) sollten gegebenenfalls mit einer Sauerstoffmaske behandelt werden. Bei Bluthochdruck sollte insbesondere bei älteren Patienten darauf geachtet werden den Blutdruck nicht zu tief einzustellen.

Hilft denn Cannabis nicht ?

“Leider” nicht empfehlenswert. Abgesehen von den allgemeinen vor allem psychischen Schäden, die immer verharmlost werden, wirkt der an sich gut drucksenkende Effekt(25%) nur 3-4 Stunden, man müsste also 8 mal in 24 Stunden Cannabis zu sich nehmen und nach mehreren Monaten tritt der Effekt auch nicht mehr ein. Weiterhin senkt es auch den Blutdruck, was eher kontraproduktiv für die Durchblutungsproblematik am Sehnerven ist.

Warum nützt die Drucksenkung manchmal nichts ?

Es gibt einen nicht geringen Prozentsatz von Patienten, bei denen trotz guter Senkung des Augeninnendrucks der Sehnervenschaden weiter zunimmt. Hierzu muß man einerseits bedenken, daß der größte Teil der Sehnervenfasern gar nicht im Auge, sondern dahinter verläuft und insofern der Augeninnendrucksenkung nicht zugänglich sind und weiterhin, daß auch Veränderungen eine Rolle spielen, die mit dem Augeninnendruck gar nichts zu tun haben (s. Low-Tension-Glaukom oben). Das heißt jetzt aber nicht, man könne das Augendrucksenken gleich sein lassen, wenn es trotzdem schlechter wird ! Alles was dem Sehnerven Entlastung bringt, sollte auch genutzt werden.

Hat die Psyche auch was mit dem Augeninnendruck zu tun ?

Interessanterweise gibt es auch da Zusammenhänge. Vor allem beim “Weitwinkelglaukom wurden emotionale Störungen nachgewiesen. Diese Patienten sind vermehrt emotional instabil, ängstlich und haben eine Neigung zur Depressivität. Inwieweit dies durch die Erkrankung hervorgerufen wurde oder von vornherein da war ließ sich bisher nicht klären. Auf jeden Fall wurde im Hypothalamus - einem wichtigen Regulationszentrum im Gehirn - eine zentrale Regelstelle für den Augeninnendruck gefunden. Der Hypothalamus ist unter anderem die Regelstelle für die Kreislaufstabilität, die Regelung der Wasser- und Nahrungsaufnahme, der “inneren Uhr” des Schlafes, sowie die Steuerung der emotionalen Befindlichkeit. Deswegen senken zentral dämpfende Medikamente den Augeninnedruck, während zentral aktivierende Medikamente ihn erhöhen.

Hilft Meditation ?

Eine Achtsamkeitsmeditation kann den Augeninnendruck bei Patienten mit grünem Star senken, stressbedingte Biomarker reduzieren und die Lebensqualität deutlich verbessern. Das berichten Wissenschaftler vom All India Institute of Medical Sciences in Neu Delhi und des Instituts für Medizinische Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg in einer Veröffentlichung von 2019. In der Untersuchung praktizierten Grüner-Star-Patienten 3 Wochen lang jeden Morgen 60 Minuten ein Meditations- und Atemübungsprogramm mit einem ausgebildeten Yogalehrer. Nach 3 Wochen zeigte sich bei 75 % der meditierenden Patienten eine signifikante Verringerung ihres Augeninnendrucks um rund 25 %. Darüber hinaus konnten durch die Meditation Stressindikatoren wie der Cortisolspiegel und andere reduziert werden. Des Weiteren berichten die Autoren von einem Anstieg von Entspannungsmarkern wie Betaendorphinen und neurotrophischen Faktoren im Gehirn. Die Studie legt nahe, dass psychischer Stress eine der Hauptursachen für erhöhten Augeninnendruck ist. Die Anwendung dieser uralten Meditationstechnik zur Verringerung von Stress ist ein wirksames Mittel, um das Gesamtbefinden der Patienten, und nicht nur das Auge, mit einem ganzheitlichen Ansatz zu behandeln und das allgemeine Wohlbefinden der Patienten zu verbessern.

Muß ich bestimmte Dinge vermeiden, wenn ich einen Grünen Star habe ?

Es gibt zahlreiche Medikamente, die den Augendruck beeinflussen. Kritisch sind sie in der Regel nur beim Engwinkelglaukom. Als Beispiel seien hier bestimmte Medikamente bei Blasenproblemen genannt, sie können den Augendruck erhöhen.

Bedeutsam sind auch sportliche Aktivitäten, die den Augendruck vorübergehend erhöhen. Beim Kopfstand, der Yogaposition “Shirshasana”, kann sich der Augendruck um 15-30 mmHg erhöhen. Dies ist für 5 Minuten beim Gesunden kein Problem, als Glaukomkranker sollte man dies jedoch vermeiden. Es traten schon Glaukomanfälle (bei bestehenden Risikofaktoren) während dieser Übung auf. Auch andere Übungen, bei denen der Kopf längere Zeit unten ist, sollten vor allem beim Vorliegen eines Engwinkelglaukoms vermieden werden. Intensives Krafttraining (beim Bankdrücken Steigerung auf bis zu 45mmHg) und das Spielen von bestimmten Blasinstrumenten, bei denen ein hoher Anblasdruck notwendig ist (Tuba, Oboe,Klarinette,Trompete etc.) wirkt sich durch die Druckerhöhung im Brustraum bei maximaler Anstrengung (Pressen) vorübergehend steigernd auf den Augeninnendruck aus. Dies gilt vor allem für die Erzeugung hoher, lauter und langanhaltender Töne. Im Rahmen einer Studie wurde bei einem Profimusiker ein Augeninnendruckanstieg auf 42mmHg nachgewiesen. Bei Krafttraining mit niedriger Intensität und insbesondere gleichmäßiger Atmung (kein Pressen !) zeigte sich kein negativer Einfluss auf den Augeninnendruck. Bei Ausdauersportarten wie Laufen, Fahrradfahren oder Schwimmen ist sowohl während des Trainings als auch im Langzeitverlauf beim Trainierten eine Senkung des Augeninnendrucks bekannt. Die Augendruckveränderungen während der Schwangerschaft und bei der natürlichen Geburt sind harmlos. Es gibt keine Grund wegen des Vorliegen eines Grünen Stars eine Kaiserschnitt vorzunehmen. Die kurze Drucksteigerung während der Wehen beträgt individuell unterschiedlich im Mittel 4mmHg und während der Presswehen im Mittel 12mmHg. Vergleichbar ist dies der Drucksteigerung beim Spielen von Blasinstrumenten, nur dass diese häufiger vorkommt. Liegt eine fortgeschrittene Erkrankung am Grünen Star vor kann statt der Valsalva-Presstechnik die physiologische Presstechnik bei der Geburt erwogen werden.

Auch der Blutdruck ist bedeutsam, da z.B. ein zu niedrig eingestellter Blutdruck zu einer Minderung der Durchblutung des Sehnerven führt und die Entwicklung des Grünen Stars beschleunigt. Insbesondere beim Low-Tension-Glaukom (s.oben) darf der Blutdruck vor allem nachts nicht zu weit abfallen. Da sollte man eher einen leicht zu hohen Blutdruck akzeptieren. Auch starke Blutdruckschwankungen sollten vermieden werden, da hier verstärkt Durchblutungsschäden am Sehnerven auftreten.

Bei beginnenden Gesichtsfeldausfällen ist die Fahrtüchtigkeit nicht mehr gegeben. Menschen, die am Grünen Star leiden, haben ein fünffach höheres Risiko als andere Verkehrsteilnehmer an einem Unfall beteiligt zu sein, und ein fast zehnfach erhöhtes Risiko, diesen verschuldet zu haben. Untersuchungen zum Fahrverhalten zeigten Probleme, beim konstanten Halten des Abstandes zum Vordermann - besonders in Kurven - und Probleme beim Spurwechsel und beim Halten der Spur, auf. Da die typischen Gesichtsfeldausfälle leicht ausserhalb der Mitte auftreten, werden sie vom Betroffenen häufig gar nicht bemerkt, können sich ausdehnen und unbemerkt zu größeren Zonen ohne Wahrnehmung führen. Der dann fehlende Bereich ist der, in dem sich beim Blick nach vorn zum Beispiel Fußgänger aufhalten, die gerade einen Zebrastreifen überqueren wollen oder aber sich entgegenkommende Autos befinden, die so bei einem geplanten Überholmanöver nicht erkennbar sind.

App als Tropfhilfe:

Da die Regelmäßigkeit des Tropfens essentiell ist und hier leider bei der Hälfte der Grüner-Star-Patienten einiges im Argen liegt, gibt es eine APP (“Mein Auge”), die einen an das Tropfen erinnert. Sie ist im Google Play Store und im Apple App Store kostenlos erhältlich.

(Stand 07.01.2024)