Netzhautoperationen:

Die Netzhaut- und die Glaskörperchirurgie lassen sich kaum von einander trennen, da die Operation der Netzhaut meist durch den Glaskörper (Lage siehe Aufbau des Auges) erfolgt. Im folgenden eine Übersicht über die Zugangswege zur Netzhaut und zum Glaskörper, sowie die Art der Operation und ihren Sinn:

Augenoperation (Symbolbild Augenoperation: depositphotos.com)

1. Laserbehandlung der Netzhaut:

Der Laser ermöglicht - da die Energie in Form von Licht in das Auge gebracht wird - eine im wesentlichen unblutige Behandlung der Netzhaut ohne das Auge eröffnen zu müssen. Geeignet ist er vor allem zum “Verschweißen” von undichten Blutgefäßen im Rahmen des Diabetes, bei gewissen Netzhauterkrankungen und nach Gefäßverschlüssen, sowie zum Abriegeln von Netzhautlöchern, wenn noch keine wesentliche Netzhautablösung erfolgt ist. Diese Behandlung ist kaum schmerzhaft und findet ambulant ohne notwendige Betäubung in einer Augenarztpraxis statt.

2. Behandlung von Netzhautablösungen von aussen:

Wie bereits im Kapitel Netzhautablösung erwähnt gibt es - je nach Ursache der Ablösung - verschiedene Vorgehensweisen. Im folgenden die Methoden, die Netzhaut von aussen an die Augenwand “zu drücken”, damit sie dort wieder verwachsen kann.

a) Plombe oder Cerclage (“Buckelchirurgie”):

Rund um das Auge werden entweder Befestigungsringe (Cerclages. Bild unten)

Cerclage

oder örtlich kleine eindellende “Schaumstoffkissen” (Plomben , s Bild unten)

Plombe

befestigt und evtl. mittels einer Punktion die Flüssigkeit unter der Netzhaut entfernt, so daß sich Netzhaut und Augenwand wieder aneinander legen können. Diese Verfahren werden in 20-30% der Fälle angewendet. Letztendlich wird dabei die äußere Wand der abgelösten Netzhaut “entgegengebeult”, deswegen spricht man auch von “Buckelchirurgie”.. Zusätzlich wird, um das Verwachsenanzuregen, mittels Laser oder einer von aussen aufgesetzten Kältesonde (Kryokoagulation) im Bereich der kritischen Stelle eine Vernarbung veranlasst. Ist alles wieder mit einander verwachsen, kann die “Eindellung” später (Monate bis Jahre) wieder entfernt werden. Meist stört sie jedoch nicht und bleibt als zusätzicher Sicherheitsfaktor einfach da. Ein Nachteil der Cerclage ist, daß das Auge in die Länge gedrückt wird und dadurch kurzsichtiger wird. Nach eine Studie aus 2010 kann mit diesen Verfahren bei 84% der Patienten eine Wiederanlage der Netzhaut erreicht werden.

b) Ballontamponade:

Während die Plombe und die Cerclage lange oder gar für immer verbleiben, kann auch vorübergehend (Tage) mittels Ballontamponade örtlich Druck ausgeübt werden. Hier wird ein Ballon zwischen die Umhüllung des Augapfels und die Augenwand geschoben und solange aufgepumpt, bis die Netzhaut anliegt. Siehe Bild unten.

Ballontamponade

3. Behandlung von Netzhautablösungen von innen:

Liegen Narbenstränge oder starke Veränderungen des Glaskörpers vor, bzw. gelang die Operation von aussen nicht, muß man in das Auge gehen und die Netzhaut von dort anlegen.

Eine vergleichsweise gering aufwendige Vorgehensweise ist die pneumatische Retinopexie. Hier wird mittels Gas im Auge die Netzhaut wieder angedrückt. Dies gelingt jedoch nur, wenn keine Verwachsungen im Glaskörperraum (der Raum zwischen Linse und Netzhaut) vorhanden sind. Letzere würden eine Wiederanlegung verhindern und müssten, wie unten beschrieben, glaskörperchirurgisch entfernt werden. Auf den 3 folgenden Bildern sieht man das Vorgehen bei der Pneumatischen Retinopexie. Auf dem Ersten wird das Gas injiziert und die Netzhaut ist noch abgelöst. In der Mitte drückt das nach oben steigende Gas die Netzhaut langsam an die Wand und unten ist die Netzhaut wieder anliegend.

Einspritzen des Gases

Gas drückt

Netzhaut ist wieder fest

Bedacht werden muß dabei eine entsprechende Lagerung des Patienten (Loch bzw. Gas oben) über 7-10 Tage. Im Bereich des Netzhautloches wird zusätzlich durch die oben erwähnte Kältebehandlung eine Vernarbung angeregt. Das Gas entweicht je nach verwendetem Typ im Laufe von ca. 2 bis 4 Wochenund die Netzhaut ist im idealen Fall wieder fest. Aufgrund einer Mißerfolgsrate von bis zu 40% im weiteren Verlauf kommt man in Europa zunehmend von dieser Vorgehensweise ab. Darunter ein Bild von vorne bei noch teilweise vorhandem Gas im Auge.

Auf dem Bild unten sieht man ein Auge eine Woche nach einer Netzhautwiederanlegungsoperation mit anschließender Gasfüllung. Das Auge ist schon wieder relativ reizfrei. Der “Strich” in der Mitte der Pupille ist der noch verbliebene Gasspiegel. In diesem Fall mußte der Patient eine Woche auf dem Bauch liegen, damit das Gas nach oben steigt und die Netzhaut im hinteren Bereich des Augeswieder andrückt.

Gasfüllung

4. Behandlung von Netzhauterkrankungen mittels Glaskörperchirurgie:

Liegen Stränge im Glaskörper vor, müssen der Glaskörper und die anderen Veränderungen im Glaskörperraum (s.Schema auf der Seite Aufbau des Auges) entfernt werden. Diese Operation heißt “Pars-plana Vitrektomie”. “Vitrektomie” kommt aus dem Griechischen und heißt “Herausschneiden des Glaskörpers”. Die “Pars plana” ist eine Region im vorderen Teil des hinter der Linse gelegenen Augenteils (3,5mm vom Hornhautrand in den weißen Bereich hinein), in der die Löcher zum Zugang für diese Operation gemacht werden. Durch diesen Weg werden ganz schmale Instrumente und Beleuchtungseinrichtungen in das Auge eingeführt (siehe Schema unten) und der Glaskörper entfernt (Vitrektomie), sowie Verwachsungen im Glaskörperraum (z.B. beim fortgeschrittenen Diabetes) oder Auflagerungen auf der Netzhaut (z.B. epiretinale Gliose) operiert. 1863 ist dies zum ersten Mal beschrieben worden aber erst seit 1971 funktioniert dies akzeptabel. Heute ist dies ein für das Auge relativ schonender Routineeingriff.

Schema Glaskörperchirurgie

Selbst Veränderungen unter der Netzhaut (z.B. Blutungen) können so angegangen werden.. Es gibt verschiedene Beleuchtungstechniken und optische Systeme, um genug im Auge Sehen zu können (siehe unteres Photo während einer Netzhautoperation) und verschiedene Arten den Zugang in das Auge zu schaffen.

Einblick während Operation

Unterschieden werden die Intrumente nach ihrer Dicke, gemessen in der Einheit “Gauge”. Ursprünglich galt es vor 50 Jahren als hochgefährlich und verpönt den Glaskörper überhaupt zu operieren. Dann begann man mit der 20-Gauge-Vitrektomie Hier waren die Instrumente 0,89mm dick. 2002 kam das dünnere 25-Gauge-System und 2005 das 23-Gauge-System. Die sogenannte 23-Gauge-Vitrektomie, ermöglichte im Vergleich zur ursprünglichen 20-Gauge-Vitrektomie einen sehr schnellen Zugang zum Auge und dadurch deutlich kürzere Operationszeiten. Inzwischen gibt es sogar die sogenannte 27-Gauge-Vitrektomie, bei der der Durchmesser der Instrumente nur noch 0,4mm beträgt. Dies ermöglicht aufgrund der kleineren Öffnungen einen schnelleren und sicheren Wundverschluß. Bei schwierigen Detailproblemen oder schlechtem Einblick wird inzwischen das Intraoperative OCT zu Hilfe genommen.

Zur Anwendung kommt die Vitrektomie vor allem bei folgenden Erkrankungen:

Zusätzlich zu obigem Vorgehen werden bei der Glaskörperchirurgie spezielle Gase oder spezielle Flüssigkeiten (Silikonöl z.B.) verwendet, um die Netzhaut wieder an die Wand zu drücken. Eventuell wird noch ergänzend von innen gelasert (Endolaser). Das Gas verschwindet in der Regel von selbst und muß nicht entfernt werden. Dies kann je nach Gas 2 (SF6) bis 8 (C3F8) Wochen dauern. Bis dahin sieht der Patient eine “Sichel”, die den Rand der Gasblase darstellt (s. Photo oben). Die Füllung des Auges mit Silikonöl ist sozusagen die letzte Lösung, da das Silikonöl sowohl die Augenlinse (es entsteht ein Grauer Star) als auch die Netzhaut auf Dauer schädigt. Das Silikonöl muß daher - wenn möglich - nach einiger Zeit wieder entfernt werden. Man muß allerdings sagen, daß aufgrund der Belastungen bei der Operation, die Vitrektomie - auch ohne Öl - in der Regel innerhalb von 1-2 Jahren zur Bildung eines Grauen Stars führt. Auch weitere Komplikationen wie Netzhautschwellungen (Makulaödem), epiretinale Gliose oder gar schwere Infektionen im Auge (Endophthalmitis) kommen nach einer Vitrektomie vor, sind aber in Kauf zu nehmen, da die Vitrektomie in der Regel bei entsprechenden Erkrankungen alternativlos ist.

Kann die Netzhaut sich wieder ablösen ?

In 10-20% der Fälle tut sie das. Meistens innerhalb vom 3 Monaten, selten nach mehr als 6 Monaten. Deswegen ist am Anfang eine regelmäßige Kontrolle sehr wichtig. Bei der Buckelchirurgie kann die Wiederablösung (Reablatio) bereits in den ersten Tagen nach der Operation und bei der Verwendung von Gas meist erst nach dem Verschwinden desselben, also nach 4-8 Wochen, erfolgen.

Was muß ich nach der Operation beachten ?

Bei der Verwendung von Gasen ist zu beachten, daß erst nach ihrem völligen Entweichen aus dem Auge Flugreisen und Bergüberquerungen möglich sind bzw. vorher jede Form von starken Luftdruckunterschieden vermieden werden sollte. Schleuder- und Schüttelbewegungen des Kopfes, wie z.B. beim Joggen (s.a. Sport nach Augenoperationen) sollten anfangs vermieden werden, da die Netzhaut erst wieder “festwachsen” muß. Aufgrund des Risikos der Wiederablösung, sollten vor allem in den ersten 2 Monaten regelmäßige Kontrollen beim Augenarzt erfolgen. Im Gegensatz zu früheren Ansichten, weiß man übrigens heute, daß weder eine durchgemachte Netzhautablösungsoperation, noch eine hohe Kurzsichtigkeit, ein Grund für einen “Kaiserschnitt” ist. Einer natürlichen Geburt stehen auch Netzhautablösungsrisiken nicht entgegen.

Wie sind die sonstigen Aussichten

Insgesamt kann man sagen, daß die Netzhaut mit den heutigen Methoden praktisch fast immer wieder anlegbar ist. Bei 80-90% der Fälle mit einer Operation aber in komplizierten Fällen sind dafür mehrere Operationen notwendig. Das was den Patienten am meisten interessiert, nämlich eine gutes Sehvermögen, wird jedoch nicht immer erreicht. Das Ergebnis ist stark abhängig vom Ausmaß der Ablösung (ist die Makula mitbetroffen ?), der Dauer der Ablösung (je länger desto schlechter) und den Begleitschäden der Grunderkrankung. Im Mittel wird eine Sehschärfe von 0,6 (= 60%) erzielt aber in 40-60% der Fälle wird - unabhängig von der Operationsmethode - keine Lesefähigkeit (Visus 0,4 oder besser) mehr erreicht (Studie von 2010) und in 1-2% kann trotz Operationen eine Erblindung nicht verhindert werden. Etwas Geduld muß der Patient schließlich auch haben, denn so eine abgelöste Netzhaut braucht lange zur Regeneration und ist manchmal erst nach einem halben Jahr wieder auf ihrem möglichen Maximum angekommen. Störend kann es sein, wenn sich Netzhautfalten gebildet haben, d.h. die Netzhaut liegt nicht überall ganz “glattgebügelt” an. Dann sieht man immer leicht verzerrt. Bei 15% der Patienten entwickeln sich Narbenreaktionen (proliferative Vitreoretinopathie = PVR) der Netzhaut, die sie wieder abziehen und verformen können.

Intravitreale Injektion:

Keine echte Chirurgie aber schon ein im Operationssaal durchführbarer Eingriff ist die Intravitreale Injektion, bei der ein Medikament in das Auge gespritzt wird und so teilweise eine Operation vermieden wird (z.B. bei der vitreomakulären Traktion) oder dadurch Netzhautbehandlungsmöglichkeiten bestehen, die operativ nicht zu Erfolgen geführt haben (z.B. Makulopathie). Näheres auf der Extraseite über die Intravitreale Injektion.

(Die meisten Grafiken und Bilder auf dieser Seite mit freundlicher Genehmigung von Prof. Albert Augustin, Städtisches Klinikum Karlsruhe)

(Stand 13.12.2023)